Fujifilm X RAW Studio – eine Einführung in *das* Tool für die JPEG Fotografie
Manchmal hat man das Gefühl, dass Fujifilm X-RAW Studio eins der best gehütetsten Geheimnisse sei. Immer wieder trifft man selbst auf JPEG-Fotograf:innen, die von dem Tool noch nichts gehört haben, dabei ist es absolut wertvoll.
Wer sich diesen Beitrag lieber bei YouTube anschauen möchte, findet hier das Video dazu.
Wichtig vorher zu wissen
Drei wichtige Dinge aber vorweg:
1. X-RAW Studio ist kein klassischer RAW-Converter. Wer eine normale RAW-Konvertierung durchführen will, um später mit dem Bild weiterzuarbeiten, braucht einen klassischen Konverter wie CameraRAW, Lightroom oder CaptureOne.
2. Die Fujifilm-Kamera muss am Rechner angeschlossen sein, da X-RAW Studio nur so was wie die Steuerungsmaske ist. Die tatsächliche RAW-Konvertierung findet in der Kamera statt. Das hat zwei Aspekte zu Folge: Zum einen stehen natürlich nur die Filmsimulationen zur Verfügung, die es für die jeweilige Kamera gibt, zum anderen muss man eine Kamera der jeweiligen Modell-Linie anschließen, mit dem man die RAW-Datei aufgenommen hat. Wenn man eine Kamera für die Nutzung in X-RAW Studio anschließt, muss man sicherstellen, dass die Kamera im Menu unter Verbindungseinstellungen auf „USB RAW-Konverter / Sichern“ gestellt ist.
3. Auch als JPEG-Fotograf:in muss man zusätzlich in RAW fotografieren, da X-RAW Studio, wie der Name suggeriert, nur mit RAW-Dateien arbeiten kann. Ich persönlich löse das immer so, dass ich auf der einen SD-Karte die JPEG-Bilder und auf der anderen SD-Karte die RAW-Bilder speichern lasse.
Download
XRAW-Studio kann man sich kostenlos von der Fujifilm Webseite herunterladen.
Das Programm
Schauen wir erstmal grundlegend über die Programmoberfläche, die völlig simpel ist.
Oben links sehen wir das angeschlossene Kameramodell und darunter der Akkuladestand. Dann folgt nach unten unser Quellverzeichnis, wo wir den Pfad auswählen können, in dem die Bilder auf dem Rechner oder einem externen Speichermedium liegen (1) und schließlich das Histogram (2) und die Bildinformationen (3), die auch noch mal verraten, welche Einstellungen die Kamera hatte, als das Bild aufgenommen wurde.
In der unteren Zeile sehen wir die einzelnen Bilder in dem Quellverzeichnis (4). Und in diesem Bildbeispiel sehen wir das Problem mit dem Kamera-Modell: da ich gerade eine XT5 angeschlossen habe, sind alle Bilder, die nicht mit einer Kamera aus dieser Serie aufgenommen worden sind, ausgegraut und können nicht bearbeitet werden.
In der Mitte ist das Bild mit den jeweils aktiven Einstellungen zu sehen (5), hier kann man sich auch ein vorher-nachher einblenden lassen.
Das Herzstück des Programms befindet sich auf der rechten Seite. Unter Profile habe ich den Bereich „Benutzerprofil“ und „Kameraprofil“ (6). Das Kameraprofil zeigt mir, welche Rezepte ich gerade in meiner Kamera gespeichert habe. Auf dem Rechner kann ich aber noch mehr Rezepte speichern, als auf die Kamera passen. Es ist sozusagen mein Rezepte-Archiv. Ein Klick auf das jeweilige Rezept – egal ob aus der Kamera oder vom Rechner – wendet es auf die RAW Datei an.
Im Bereich unter den Profilen sieht man dann die konkreten Werte und Parameter des jeweiligen JPEG Rezeptes (7), die sich über Dropdown-Menus verändern lassen.
Wenn man ein Rezept oben im Benutzerprofil auswählt und es in die Kamera übernehmen möchte, kann man einfach bei Kamera-Profil auf „speichern“ gehen und sich dann für einen Speicherort und Namen in der Kamera entscheiden. Genau so kann man anders herum ein Rezept, was man bislang nur in der Kamera hatte, auf seinem Rechner speichern. Dieses extrem praktische Feature, funktioniert leider nur bei den neueren Modellen, bei der X-T-Reihe ab dem Modell X-T4 beispielsweise.
In einem sehr beschränkten Maße lassen sich so tatsächlich aber auch Werte ähnlich eines RAW Konverters verändern. So kann man über Push/Pull das gesamte Bild heller oder dunkler machen, über Ton Lichter Highlights retten oder bei Schattierung Ton die Tiefen etwas hoch ziehen.
Dabei geht es aber wirklich nur um leichte Anpassungen und man sollte Vorsicht walten lassen. Man kann damit leicht den Look des Rezeptes an sich ändern und der eigentliche Vorteil der JPEG Generierung durch die Kamera ist, dass eine Bildserie wie aus einem Guss aussieht. Im Zweifel sollte man sich dann eher fragen, ob man lieber ein ganz anderes Rezept nehmen sollte, als nur bei einem Bild aus einer Serie die Parameter so zu verreißen.
Zusammenfassung
Die Hauptanwendungsgebiete von XRAW-Studio sind also
- wenn man den Look der Rezepte erhalten und nur ganz leichte Verbesserungen machen will, ohne groß in die Bildbearbeitung einzusteigen,
- wenn man auf ein bestehendes Foto ein neues Rezept anwenden will – zum Beispiel weil man sehen möchte, wie ein Rezept aussieht, das man im Netz gefunden hat, ohne gleich zum Fotografieren damit loszuziehen,
- die Speicherung von Rezepten, um sie bequem auf die Kamera zu übertragen (was bei den älteren Modellen vor der XT4 z.B. allerdings nicht funktioniert).
Darüber hinaus ist es natürlich das Tool, um eigene Rezepte für sich selbst zu entwickeln, da man hier alle Parameter-Änderungen sofort in ihrer Auswirkung sehen kann.
Für das Ausprobieren von Rezepten anderer oder das Neuerstellen von eigenen Rezepten habe ich mir einen eigenen Ordner erstellt, in dem die RAW-Dateien von einigen typischen Motiven drin sind, damit ich den neuen Look gleich auf verschiedene Szenarien legen und ausprobieren kann.
Rezepte zur Inspiration
Wer erstmal mit den Rezepten anderer starten will, findet hier einige Anregung: Zum einen gibt es das Buch von Thomas B. Jones (https://amzn.to/3TUVdAs), zu dem ich auch drei Rezepte beigesteuert habe. Eine Review zum Buch findest Du hier in meinem Blog, und ein Gespräch mit Thomas in dieser Folge meines Podcastes. Ich habe meine Rezepte aber auch in meinem Blog verraten. Dazu gibt es natürlich auch noch die Seite von FujiXWeekly, die eine große Zahl an Rezepten beinhaltet.
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Danke, Eric!
Vor vielen Monden den Tipp bekommen und kürzlich heruntergeladen – trotzdem ist es wieder in Vergessenheit geraten.
Ich werde es mal testen, denn ich denke es ist für mich genau der richtige Weg, alle Bilder bleiben in einem Stil und ich muss nicht mit „Kanonen auf Spatzen“ schießen, wenn mir das OOC Bild schon so gut gefällt, dass maximal kleine Anpassungen notwendig sein könnten.
Genau. Ein wenig Beschnitt, Dodge & Burn u.ä. kleinere Anpassungen kann man dann auch wunderbar noch an den JPEG-Dateien machen, hat aber nicht noch immer die RAW-Bearbeitung vorher und die ganzen Filter-Plugins hinterher. Es vereint für mich ein wenig das Beste aus analoger und digitaler Fotografie.
Bevor RAW-Fetischisten wieder Schnappatmung bekommen sollten: Natürlich gibt es auch Situationen, in denen der ganz normale RAW-Weg (mehr) Sinn macht, aber es geht auch SEHR oft anders.
Wen das interessiert: Über den grundsätzlichen Charme der JPEG-Fotografie habe ich in dieser Folge vom Studio Kreativkommune Podcast mit Peter Müller gesprochen: https://studio.kreativkommune.org/040-die-out-of-cam-jpeg-fotografie